Krankenkasse verweigert Kostenübernahme für Hilfsmittel. Copyright by Photographee.eu /Adobe Stock
Krankenkasse verweigert Kostenübernahme für Hilfsmittel. Copyright by Photographee.eu /Adobe Stock

Der 75 jährige Kläger ist halbseitig gelähmt. Von seiner Krankenkasse wurde ihm ein Leichtrollstuhl und ein Elektrorollstuhl zur Verfügung gestellt. Seinen Antrag auf einen höhenverstellbaren Therapie- und Arbeitsstuhl lehnte die Krankenkasse ab, da dieser nicht notwendig sei. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger erfolglos Widerspruch ein. Sodann erhob der Kläger Klage beim Mannheimer Sozialgericht (SG). Er begründete seinen Antrag damit, dass er den Therapie- und Arbeitsstuhl vor allem zur Nahrungszubereitung in seiner Küche benötige. Mit seinem Rollstuhl könne er die Arbeitsplatte nicht erreichen.

Unbeeindruckt von dieser Begründung, von deren Richtigkeit sich die Krankenkasse im Rahmen eines von ihr veranlassten Hausbesuchs hätte überzeugen können, fand diese es zumutbar, regelmäßig benötigte Gegenstände in Rollstuhlhöhe zu positionieren.

Sozialgericht entscheidet nach „in Augenscheinnahme“

Um sich von den tatsächlichen Wohnverhältnisses der Klägers zu überzeugen, bestimmte das Gericht einen Termin zur Beweisaufnahme. Dieser Termin wurde in der Wohnung des Klägers durchgeführt und führte dazu, dass der Kläger obsiegte. Denn, so das SG, entgegen der Auffassung der Krankenkasse, könne sich der Kläger mit seinem Leichtrollstuhl nicht in der Wohnung fortbewegen. Nur mit einem höherverstellbaren Therapie- und Arbeitsstuhl sei er in der Lage, sich aus dem Sitzen in den Stand aufzurichten. Überdies könne er sich auch nur mit einem solchen Stuhl selbst Mahlzeiten zubereiten. Ohne das begehrte Hilfsmittel sei das Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens nicht zu befriedigen.

Hier finden Sie die Pressemitteilung vom 7. August 2018

Das sagen wir dazu:

Keine Entscheidung nach Aktenlage - Sozialgericht vor Ort!

Die Entscheidung des Mannheimer Sozialgerichts ist begrüßenswert. Nur selten bestimmen Gerichte Termine zur Beweisaufnahme vor Ort. In den meisten Fällen versucht das Gericht durch die Beauftragung von Gutachtern Klarheit über die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort zu gewinnen. Die beauftragten Gutachter erstellen dann überwiegend Gutachten nach Aktenlage. Sind diese nicht völlig abwegig, werden ihre Ergebnisse den Entscheidungen zugrunde gelegt.

Gerade der Mannheimer Fall aber zeigt, dass Richter*innen, die bereit sind, sich auch außerhalb des Gerichts kundig zu machen, in der Lage sind, durch einen relativ geringen Aufwand zu einem Ergebnis kommen, das einer objektiveren Sachaufklärung dient. Es wäre wünschenswert, wenn von der Möglichkeit häufiger Gebrauch gemacht würde. Insbesondere dann, wenn die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten bei der Entscheidungsfindung eine ausschlaggebende Rolle spielen können!