Unfallversicherungsschutz auch bei von der Arbeitsagentur veranlasstem Bewerbungsgespräch (Bildquelle Hartmut910 pixelio.de)
Unfallversicherungsschutz auch bei von der Arbeitsagentur veranlasstem Bewerbungsgespräch (Bildquelle Hartmut910 pixelio.de)

Nachdem die Arbeitsagentur einem Arbeitslosen einen Vermittlungsvorschlag für einen Arbeitsplatz als Bauhelfer übermittelte, bewarb sich dieser für die Stelle. Im Mai 2012 kam es zu einem Vorstellungsgespräch. Auf dem Rückweg stieß der Arbeitslose mit einem PKW zusammen, wodurch er eine schwere Hirnverletzung erlitt, pflegebedürftig wurde (Pflegestufe III) und nunmehr in einem Pflegeheim versorgt werden muss. Aufgrund des Unfalls beanspruchte er die gesetzliche Unfallversicherung. Denn seiner Meinung nach habe es sich bei dem Zusammenstoß um einen Arbeitsunfall gehalten. Da die zuständige Stelle dies anders sah, kam es schließlich zur Klage.

Vorliegen eines Arbeitsunfalls aufgrund Aufforderung der Arbeitsagentur 

Das Sozialgericht Konstanz entschied zu Gunsten des Arbeitslosen. Diesem stehe ein Anspruch auf Zahlung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Denn der Zusammenstoß mit dem PKW sei als Arbeitsunfall zu werten gewesen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII seien nämlich auch solche Personen gesetzlich unfallversichert, die einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung einer Arbeitsagentur nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen. Dabei sei es ausreichend, dass die Aufforderung als Bitte oder Empfehlung umschrieben wird. Entscheidend sei, dass durch die Formulierung der Eindruck beim Arbeitslosen entsteht, dass das Erscheinen notwendig sei und erwartet werde. Dies sei hier der Fall gewesen.

Eindruck der Notwendigkeit der Bewerbung bestand

Nach Auffassung des Sozialgerichts sei das Schreiben der Arbeitsagentur so formuliert worden, dass aus Sicht des Arbeitslosen eine Bewerbung als Bauhelfer erwartet werde. So habe das Schreiben den Arbeitslosen dazu aufgefordert, sich umgehend schriftlich oder per E-Mail zu bewerben. Zudem habe er angeben müssen, ob er sich beworben bzw. vorgestellt habe und ob er eingestellt worden sei. Der Sachverhalt habe sich deutlich von denjenigen unterschieden, in dem ein Arbeitsloser sich selbstständig, auf eigene Initiative hin, bei einer Stelle vorstellt und in dem es an einer irgendwie gearteten Aufforderung fehlt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Berufsgenossenschaft (BG), der gegenüber der Kläger Leistungen begehrt, kann noch Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg einlegen. Ob die BG das Rechtsmittel der Berufung einlegt bleibt abzuwarten. 

Anmerkung:

Die Entscheidung des SG Konstanz ist begrüßenswert. Es bleibt abzuwarten, ob die Beklagte die erstinstanzliche Entscheidung akzeptiert, oder das LSG Baden-Württemberg anruft, um die Sache erneut überprüfen zu lassen.

Nach Auffassung des Autors war der Rückweg des Klägers von dem Vorstellungsgespräch unfallversichert. Denn nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 Sozialgesetzbuch (SGB) VII, war der Kläger kraft Gesetzes unfallversichert, da hierunter Personen fallen, die nach den Vorschriften des SGB II und SGB III der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit (BA) nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen. 

Für den Kläger, der Arbeitslosengeld I bezog, fanden zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens die Vorschriften des SGB III Anwendung; mithin er nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII Anspruch auf Leistungen aus der Unfallversicherung hat. Denn bei der von der Bundesagentur für Arbeit veranlassten Vorstellung bei einem potentiellen Arbeitgeber handelte es sich um eine den Kläger bindende Aufforderung „eine andere Stelle“ i. S. des nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 Sozialgesetzbuch (SGB) VII aufzusuchen für die kraft Gesetzes die zuständige BG Leistungen im Falle eines Wegeunfalles zu erbringen hat.

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§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII)

Vollständiges Urteil Sozialgericht Konstanz, Urteil vom 26. November 2014, Az. S 11 U 1929/14