“So erziehen wir unsere Bürger zur Mitwirkung” - diese Aussage erhielt Kollegin Sabine Jakobeschky vom Jobcenter Dresden zur Begründung für eine rechtswidrig erlassene Sanktion gegenüber einem ALG II-Empfänger, einem Mandanten der DGB Rechtsschutz GmbH.

Schikane vom Jobcenter

Hintergrund des Falles war eine Bareinzahlung von 100 € auf dem Konto des Mandanten. Er wurde daraufhin vom Jobcenter aufgefordert mitzuteilen, woher diese Einzahlung stammt. Gleichzeitig wurde die SGB II - Leistung für den bevorstehenden Monat aber komplett gestrichen, indem einfach keine Auszahlung erfolgte.

Auf die telefonische Anfrage bei der zuständigen Sachbearbeiterin des Jobcenters und den Hinweis, dass dieses Vorgehen offensichtlich rechtswidrig sei, erhielt Kollegin Jakobeschky die obige Antwort, die mit rechtsstaatlicher Verwaltung tatsächlich nichts mehr zu tun hat. 

Und es kam noch besser: Die Einhaltung des zulässigen Verfahrens (die Einzahlung auf dem Konto als Einmaleinkommen zu berücksichtigen und einen entsprechenden Erstattungsbescheid zu erlassen) sei zu aufwändig. Außerdem wisse man nicht, wann das Jobcenter dann überhaupt die Leistung zurück erhalten würde. 

Der Jobcenter-Mitarbeiterin erschien es deshalb als angemessenes Mittel, die komplette Leistung für den Folgemonat einfach mal einzubehalten, um so “den Bürger zu erziehen”.

Die Grundsicherungsbeauftragte greift ein

Erst nachdem Kollegin Jakobeschky mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht gedroht hat, wurde das ALG II schließlich doch noch ausgezahlt.

Dies ist nur ein aktuelles Beispiel aus der Tätigkeit der “Grundsicherungsbeauftragten“, die seit Januar 2012 Verwaltungsangestellte ausüben. 

Das Projekt

Gestartet wurde diese neue Funktion in der Region Ost ursprünglich als Projekt. Dabei wurden interessierte Verwaltungsangestellte, also Nichtjurist*innen, zunächst für den Bereich der Grundsicherung (ALG II und Sozialhilfe) rechtlich umfangreich geschult und weitergebildet. 

Sie haben dann nach und nach entsprechende Verfahren in ihren Büros geführt, bis hin zur Übernahme eines vollständigen Dezernates speziell für Grundsicherungsverfahren. 

Da das Projekt “Grundsicherungsbeauftragte” sowohl von den teilnehmenden Verwaltungsangestellten als auch von den betreuten Mandant*innen durchweg als positiv eingeschätzt wurde, wird es nach der 2-jährigen Befristung seit Anfang 2014 unbefristet weitergeführt. 

Die Betroffenen sind zufrieden

Kollegin Jakobeschky macht diese Tätigkeit großen Spaß, weil sie dabei selbständig arbeiten kann, ihre Fähigkeit des persönlichen Umganges mit ganz unterschiedlichen Menschen einbringen und die erworbenen rechtlichen Kenntnisse umsetzen kann. Sie bearbeitet die eingehenden Verfahren von der Erstberatung über das Führen von Widerspruchsverfahren bis zu sozialgerichtlichen Prozessen vollständig eigenverantwortlich und selbständig. 

Auch die Erfolgsquote trägt natürlich dazu bei, dass sie zufrieden mit ihrer neuen Funktion ist: nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahre schätzt sie, dass ca. 75 % der von ihr bearbeiteten Widerspruchsverfahren mit Änderungs- oder Abhilfebescheiden abgeschlossen werden konnten.

Neben der Verfahrensbearbeitung engagiert sich Sabine Jakobeschky auch als Referentin in Schulungen für ehrenamtliche Sozialrichter*innen oder Seminaren der Einzelgewerkschaften zum Thema der Grundsicherungsleistungen. 

Außer in Dresden arbeiten in der Region Ost auch in Jena und Naumburg Verwaltungsangestellte als “Grundsicherungsbeauftragte”.

 

 

Mirko Schneidewind - Onlineredakteur und Rechtsschutzsekretär - Leipzig