In dem Fall ging es um einen Bausparvertrag mit einem Guthaben von knapp 10.000 €. Ende des Jahres hat die Bausparkasse dem Konto als „Guthabenzinsen“ 226 € gutgeschrieben. Diese Zinsen wurden jedoch nach den Sparbedingungen nicht gesondert ausgezahlt, sondern können erst mit der Kündigung des Vertrages mit dem Gesamtguthaben in Anspruch genommen werden.

Bausparzinsen = Einkommen ?

Die Klägerin konnte also zum Zeitpunkt der Zinsgutschrift überhaupt nicht darüber verfügen, da sie den Vertrag nicht zuvor gekündigt hatte.


Das Jobcenter hat die 226 € trotzdem im Monat der Gutschrift der Zinsen auf das ALG II angerechnet und eine entsprechende Erstattung von der Klägerin verlangt. Das Jobcenter war der Auffassung, sie hätte den Bausparvertrag rechtzeitig (3 Monate vor der Zinsgutschrift) kündigen und die Zinsen somit als verfügbares Einkommen verwenden müssen. 


Die Berücksichtigung „realisierbarer“ Zinsen könne nicht von der individuellen Gestaltung der Leistungsempfängerin abhängen.

Fiktive Verfügbarkeit genügt nicht!

Das hat das BSG, wie zuvor bereits das SG Braunschweig, anders gesehen: Eine Berücksichtigung der lediglich gutgeschriebenen Zinsen kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Zinsen überhaupt nicht verfügbar waren, sondern lediglich eine Rechtsposition darstellten, zu einem späteren Zeitpunkt, nach Kündigung des Bausparvertrages, die Auszahlung - mit der gesamten Bausparsumme - verlangen zu können.


Die Leistungsverweigerung unter Verweis auf ein lediglich fiktiv vorhandenes Einkommen ist nach der klaren Entscheidung des BSG mit dem Sozialstaatsprinzip nicht zu vereinbaren. Damit war auch die Rückforderung des Jobcenters unzulässig. Die Entscheidung bestätigt insofern die bisherige Rechtsprechung.

Anmerkung: Anrechnung nur bei Verfügbarkeit

Einkünfte, die während des Leistungsbezuges zufließen, zum Beispiel auch gutgeschrieben werden, stellen grundsätzlich kein Vermögen, sondern Einkommen dar.


Voraussetzung für die Anrechnung auf ALG II ist aber darüber hinaus, dass das Einkommen auch verwertbar bzw. verfügbar ist. Und zwar im Moment des Zuflusses und nicht irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt nach einer möglichen Kündigung des Sparvertrages.

  • Weitere Beiträge von uns zu Urteilen zu Hartz IV finden Sie hier:

Im Praxistipi: § 11 Sozialgesetzbuch - SGB II - Zu berücksichtigendes Einkommen

Rechtliche Grundlagen

§ 11 Sozialgesetzbuch - SGB II - Zu berücksichtigendes Einkommen

§ 11 SGB II Zu berücksichtigendes Einkommen

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Zu den laufenden Einnahmen zählen auch Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden. Für laufende Einnahmen, die in größeren als monatlichen Zeitabständen zufließen, gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.