In einer jetzt veröffentlichten Entscheidung hat das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) entschieden, dass der wissentliche Betrug eines Arbeitnehmers beim An- und Abmelden am Zeiterfassungsgerät eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

 

Seit 26 Jahren war der 46 Jahre alte, verheiratete Kläger, der Vater eines unterhaltspflichtigen Kindes ist, in einer Großmetzgerei beschäftigt. Während des langjährigen Arbeitsverhältnisses verlief dieses bis zur Feststellung der Manipulation der Zeiterfassung beanstandungsfrei.

In dem Betrieb der Beklagten war bekannt, dass Mitarbeiter beim Verlassen des Produktionsbereichs wegen privater Arbeitsunterbrechungen sich per Chip über eine Zeiterfassung abmelden müssen. Die Rückmeldung hatte in der gleichen Weise zu erfolgen.

Überdies befand sich ein Schild an der Ausgangstür, auf dem u.a. stand: „Vor Durchschreiten dieser Tür muss abgestempelt werden! Dieser Bereich wird Video überwacht!“ Der Kläger versuchte wiederholt,  diese eindeutige Regelung zu umgehen.

Am 21. September 2012 fiel dem Produktionsleiter der Beklagten auf, dass der Kläger den Chip in seiner Geldbörse ließ und diese mit seiner Hand abschirmte, wenn er diesen während der An- und Abmeldevorgänge vor das Zeiterfassungsgerät hielt. Hieraufhin führte die Beklagte eine Kontrolle durch Diese ergab, dass der Kläger in einem Zeitraum von ca. 6 Wochen insgesamt mehr als 3,5 Stunden bezahlte Zeiten erschlichen hatte , ohne sich an- und abzumelden.

Arbeitszeitbetrug rechtfertigt fristlose Kündigung

Die Richter*innen beider Instanzen hielten die fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs für gerechtfertigt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass ein Versehen des Klägers ausgeschlossen sei. Da die Zeiterfassung piepe, wenn ein Mitarbeiter sich an- oder abmeldet, habe der Kläger, aufgrund des fehlenden akustischen Signals  gewusst, dass die Abdeckung des Chips erfolgreich war. Hieraus folge, dass der Kläger bewusst den Eindruck erwecken wollte, als würde er die Anlage bedienen. 

Lange Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten sind keine Argumente zugunsten des Klägers bei vorsätzlichem Betrug.

Wegen des vorsätzlichen Betrugs, so das LAG, sei es dem Arbeitgeber nicht zumutbar, den Kläger weiter zu beschäftigen. Da der  Vertrauensbruch schwerer wiege als die lange Betriebszugehörigkeit, und die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Frau und dem Kind, sei es der Beklagten auch nicht zumutbar, auf die wiederholten Zeiterfassungsmanipulationen, durch die dem  Kläger mehr als 3,5 Stunden vergütet wurden, nur mit einer  Abmahnung  zu reagieren.

Anmerkung:

Nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung stellt die systematische Manipulation von Zeiterfassungsdaten eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Derartige Pflichtverletzungen durch den Arbeitgeber sind grundsätzlich geeignet eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Von einem solchen Fall ist auch in vorliegender Sache auszugehen. 

Nicht selten kommt es zu Streitigkeiten wegen vermeintlich „kleiner“ Pflichtverletzungen. Nicht untypisch sind die Fälle in denen Arbeitnehmer Raucherpausen während der Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Sind Raucherpausen grundsätzlich möglich und existiert ein Zeiterfassungsgerät, so ist dieses zu bedienen wenn eine entsprechende Regelung im Betrieb existiert. Frönt der Arbeitnehmer dem Nikotin ohne ab- und anzustempeln, so wird  bei einem einmaligen Verstoß eine Kündigung kaum durchgreifen. Eine Abmahnung jedoch, mit dem Hinweis, dass im Wiederholungsfalle mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechnet werden kann, ist arbeitsrechtlich nicht zu beanstanden und gibt dem Abmahnungsempfänger zu erkennen, dass bei weiteren nicht abgestempelten Raucherpausen ihm eine Kündigung ins Haus stehen kann. 

Nicht mit einer Kündigung geahndet werden kann eine verhältnismäßig geringfügige Verletzung der Ab- und Anmeldepflicht, so das LAG Schleswig-Holstein im Urteil vom 29.03.2011, Aktenzeichen 2 Sa 533/10. Eine solche Bagatellverletzung liegt etwa vor, wenn ein Arbeitnehmer einen Auszubildenden anweist, sich für eine einminütige Mitarbeit nicht in das Zeiterfassungssystem einzubuchen.

Zusammenfassend ist festzustellen: Wer bei der Zeiterfassung trickst riskiert seinen Job!

 

Hans-Martin Wischnath – Onlineredakteur – Frankfurt/Main 

 

Die vollständige Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17.02.2014 – Az: 16 Sa 1299/13 bekommen sie hier

Die vollständige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 29.03.2011 – Az.: 2 Sa 533/10 bekommen sie hier