Im vom Landesarbeitsgericht entschiedenen Fall war der Kläger seit über einem Jahr bei der Beklagten als Bodenleger beschäftigt. Zwischen den Arbeitsvertragsparteien wurde für bestimmte Bodenverlegearbeiten eine Akkordvergütung vereinbart, für sonstige Arbeiten ein Stundenlohn von 12 Euro brutto. 

Streit um Akkordlohn

Der Kläger erhielt den Auftrag in vierzig vergleichbaren Häusern im Akkord Bodenbelagsarbeiten durchzuführen. Die Akkordvergütungsvereinbarung beinhaltete auch die Vorbereitungsarbeiten wie den Transport des Belags in die Häuser transportieren, Reinigung des Untergrunds, Zuschneiden des Belags und Abschneiden der Dämmstreifen.

Nachdem der Kläger zwei Tage gearbeitet hatte, errechnete er seinen Durchschnittsstundenlohn auf der Basis der Akkordvergütung aus und kam auf einen Betrag von 7,86 Euro brutto. 

 

Dies hatte zur Folge, dass er vom Geschäftsführer der Beklagten einen adäquaten Stundenlohn für diese Baustellen oder aber einen anderen Einsatzort forderte, was dieser ablehnte.

Kläger stellt Arbeit ein

In mehreren Gesprächen forderte der Geschäftsführer den Kläger nachdrücklich auf, die Bodenverlegearbeiten zu den vereinbarten Konditionen weiterhin auszuführen. Da der Kläger sich hierzu partout nicht einverstanden erklärte, drohte er ihm die fristlose Kündigung an, was diesen nicht beeindruckte, da er an seiner Verweigerungshaltung festhielt.

 

Das Arbeitsverhältnis wurde daraufhin fristlos durch die Beklagte gekündigt.

Landesarbeitsgericht bestätigt Kündigung

Das Arbeitsgericht hatte die fristlose Kündigung noch für überzogen gehalten und der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Beklagte hätte dem Kläger noch die Möglichkeit einräumen müssen, seine Position zu überdenken und zu überprüfen.

 

Dagegen hielt das LAG dies nicht für notwendig und erkannte die dem Kläger ausgesprochene Kündigung für rechtens. Die Richter des Berufungsgerichts führten zur Begründung des für den Kläger ungünstigen Urteils aus, dass zu den von dem Kläger zu versehenden Bodenverlegearbeiten die zwischen den Parteien unstreitigen Vorbereitungsarbeiten gehören. Hieran, so die Berufungskammer, würde auch die möglichweise unzureichende Vergütungsabrede nichts ändern.

 

Nach Auffassung des LAG galt die zwischen den Parteien geschlossene Vergütungsvereinbarung; mithin sei der Kläger verpflichtet gewesen die ihm zugewiesene Arbeit zu verrichten.

Voraussetzungen für Zurückbehaltungsrecht lagen nicht vor

Die Berufung des Klägers auf ein von ihm angenommenes Recht die Arbeitskraft zurück halten zu können, überzeugte das LAG nicht, da für den Kläger zum Zeitpunkt der Geltendmachung seines vermeintlichen Zurückbehaltungsrechts die Voraussetzungen hierfür nicht zur Seite standen.

 

Unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung kamen die Richter der Zweiten Instanz zu dem Ergebnis, dass der Kläger sich beharrlich geweigert habe, zu den vereinbarten Bedingungen weiter zu arbeiten und deshalb die gegenüber ihm ausgesprochene fristlose Kündigung berechtigt sei.

Anmerkung: 

Der Fall des sich ungerecht bezahlt fühlenden Bodenverlegers gibt Anlass für grundsätzliche Hinweise zu dem in § 273 BGB geregelten Zurückbehaltungsrecht:

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist der Arbeitnehmer dann berechtigt seine Arbeitsleitung zurück zu halten, wenn die fällige Vergütung nicht zur Auszahlung kommt. Zu beachten ist jedoch, dass die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nicht dann schon greift wenn der Arbeitgeber nur einen verhältnismäßig geringen Teil der Vergütung schuldet (BAG, Urteil vom 25.10.1984 - 2 AZR 417/83).

 

Nach der Rechtsprechung ist nicht eindeutig was unter verhältnismäßig geringen Rückständen zu verstehen ist. Es wird jedoch überwiegend dann davon ausgegangen, dass  die Vergütungsrückstände dann nicht mehr gering sind, wenn zwei Monatsvergütungen ausstehen.

 

Legt man diesen Maßstab zugrunde, so wird die dem Bodenverleger ausgesprochene und vom LAG für berechtigt erachtete fristlose Kündigung verständlicher. Denn die Fälligkeit der Vergütung, die Grundvoraussetzung ist, um überhaupt über ein Leistungsverweigerungs-recht nachzudenken, war nach der erst zweitägigen Tätigkeit offenkundig nicht gegeben. Dies konnte frühestenfalls zum üblichen Auszahlungszeitpunkt entstehen.

 

Selbst wenn die Voraussetzungen vorliegen und mehr als zwei Monatsvergütungen offen sind, ist die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nicht ungefährlich. Wenn, wie im vorliegenden Fall, die Vergütungsgrundlage strittig ist, kann es passieren, dass ein Gericht später zu dem Schluss kommt, dem Kläger habe die behauptete Vergütung tatsächlich nicht zugestanden, er hätte das Zurückbehaltungsrecht also nicht ausüben dürfen. Eine hierauf gestützte Kündigung wäre dann wirksam.

 

Nur, wenn das Gericht später entscheidet, dass die strittige Vergütung gezahlt werden muss, gibt es auch ein Zurückbehaltungsrecht. Der Arbeitnehmer geht hier also ein erhebliches Risiko ein, er sollte sich seiner Sache schon sehr sicher sein, da möglicherweise sein Arbeitsverhältnis davon abhängt.

 

Völlig unproblematisch ist die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nur, wenn der Arbeitgeber in erheblichem Umfang Lohn einbehält, auf den der Arbeitnehmer unstreitig einen Anspruch hat, etwa wegen Zahlungsschwierigkeiten. In jedem Fall sollte die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts vorher angedroht werden.

Hans-Martin Wischnath - Onlineredakteur – Frankfurt am Main

Download: 

Urteil des Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 17.10.2013 - 5 Sa 111/13 hier zum Download

Rechtliche Grundlagen

§ 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Zurückbehaltungsrecht

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Juli 2014 (BGBl. I S. 1218) geändert worden ist"
Stand: Neugefasst durch Bek. v. 2.1.2002 I 42, 2909; 2003, 738; zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 5 G v. 1.10.2013 I 3719
§ 273 BGB Zurückbehaltungsrecht
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.