Dies ließ die klagende Arbeitnehmerin zu dem Ergebnis kommen, dass die gestaffelten Kündigungsfristen junge Arbeitnehmer*innen diskriminierten. Der Weg durch die Instanzen war für die Klägerin nicht erfolgreich.

Sieben Monate Kündigungsfrist für alle Arbeitnehmer*innen?

Die 1983 geborene Klägerin war seit Juli 2008 als Aushilfe bei einer Golfsportanlage beschäftigt. Am  20. Dezember 2011 kündigte das Unternehmen ihr unter Einhaltung der Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zum 31. Januar 2012. Da in dem Betrieb der Beklagten weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden, fanden die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung, was auch zwischen den Parteien unstreitig war. Die Klägerin vertrat jedoch die Auffassung, dass jüngere Arbeitnehmer*innen durch die Staffelung der Kündigungsfristen benachteiligt würden, da nur langjährig Beschäftigte und somit logischerweise älteren Arbeitnehmern eine Kündigungsfrist bis zu sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats eingeräumt werde. Sie sah in dieser gesetzlichen Regelung der Kündigungsfristen einen Verstoß gegen die „Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ und ging von einer mittelbaren Diskriminierung aus, die die „RL 2000/78/EG“ jedoch untersage. 

Unter Berufung hierauf begehrte die Klägerin die Feststellung, dass in ihrem Fall die sich aus § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB längst mögliche Kündigungsfrist von sieben Monaten in Ansatz zu bringen sei und somit das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 31.07.2012 endete. 

Gestaffelte Kündigungsfristen verfolgen rechtmäßiges Ziel!

In seiner Entscheidung vom 18.09.2014 hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG), ebenso wie die Vorinstanzen den Antrag der Klägerin auf die Zuerkennung der verlängerten Kündigungsfrist  zurückgewiesen. Zwar führt nach Auffassung des BAG die Differenzierung der Kündigungsfrist nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Da jedoch die Verlängerung der Kündigungsfristen durch § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB das rechtmäßige Ziel verfolgt, länger beschäftigten und damit betriebstreuen Arbeitnehmer*innen durch längere Kündigungsfristen einen verbesserten Kündigungsschutz zu gewähren, hielt der Sechste Senat zur Erreichung dieses Ziels die Verlängerung auch in der konkreten Staffelung angemessen und erforderlich iSd. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i) RL 2000/78/EG. Eine wie von der Klägerin angenommene mittelbare Diskriminierung wegen des Alters vermochte das BAG nicht zu erkennen.

Anmerkung: Eine Entscheidung mit Augenmaß

Mit der Entscheidung hat das BAG einmal mehr einen souveränen Umgang mit den Diskriminierungsvorschriften aus Europa bewiesen und zugleich deutlich gemacht, dass alle Sorge um vermeindliche Gleichmacherei völlig unbegründet ist.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass nur ältere Arbeitnehmer in den Genuss einer erheblich verlängerten Kündigungsfrist von sieben Monaten gelangen. Diese setzt nämlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses für mindestens zwanzig Jahre voraus.

Hierzu hat das BAG nun deutlich klar gestellt, dass der legitime Zweck, nämlich die Belohnung von Betriebstreue, eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigt.

Damit betont es einmal mehr, dass nicht jede Ungleichbehandlung eine Diskriminierung darstellt, sondern dass eine Ungleichbehandlung aus guten Gründen gerechtfertigt sein kann. Dieses Verständnis wird auch dem Anliegen der Richtlinie gerecht, die nur vor ungerechter Ungleichbehandlung schützen will.

Damit sichert die Entscheidung den wirksamen Diskriminierungsschutz – sie legt einen realistischen Maßstab an und schreckt so weitere potentielle AGG-Hopper ab. 

 

 

Hans-Martin Wischnath - Onlineredakteur - Frankfurt am Main

 

§ 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen

Hinweis: Folgende Regelung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EUGH) vom 19.01.2010 – Aktenzeichen: C-555/07 gilt nicht mehr:

 

  • Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.

 

Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf