Jahrelang gab es in der Sauerländer Gießerei Gebr. Lohmann GmbH in Werdohl mit zirka 100 Beschäftigten keinen Betriebsrat. Mit Unterstützung der IG Metall gelang es etlichen Arbeitnehmer*innen, endlich zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes einzuladen.

Die Antwort des Chefs ließ nicht lange auf sich warten: Vermeintlich besonders pfiffig hatte er sich die Rechtsanwaltskanzlei Schreiner und Partner aus Attendorn ins Haus geholt. Diese brüstet sich damit, als Spezialist für Arbeitsrecht ausschließlich die Arbeitgeberseite zu beraten. Sie ist einschlägig bekannt und bietet Seminare an, in denen Tipps zur Kündigung „störender“ Arbeitnehmer*innen gegeben werden.

Mit anwaltlicher Unterstützung gegen den Betriebsrat

Auch Kurse „So weisen Sie Ihren Betriebsrat in die Schranken“ werden angepriesen. Entsprechende „Tipps“ sollten dann wohl unmittelbar in der Sauerländer Gießerei umgesetzt werden. Da eine beabsichtigte Betriebsratswahl nicht wirklich verhindert werden kann, wollte man den Spieß einfach umdrehen. Schnell fand der Firmenchef drei Beschäftigte, die sich vor den Karren spannen ließen und die kurzerhand ebenfalls zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes einluden. Schon einen Tag nach der ersten Einladung der IG Metaller hing im Betrieb die Einladung zur „Konkurrenzversammlung“. 

Der Trick an der Sache: Die zweite Einladung hatte derart kurze Einladungsfristen, dass zeitlich früher ein „Konkurrenzwahlvorstand“ gewählt wurde als von den von der IG Metall unterstützten Beschäftigten. Die wählten erst zwei Tage später, weil sie korrekt die Einladungsfristen beachtet hatten.

Hilfe von IG Metall und DGB Rechtsschutz GmbH

Der Arbeitgeber unterstützte natürlich den Konkurrenzwahlvorstand und warf den IG Metallern Knüppel zwischen die Beine, wo es nur ging. So musste der IGM-Wahlvorstand sogar mit Hilfe des Hagener Büros der DGB Rechtsschutz GmbH per einstweiliger Verfügung die Herausgabe der Beschäftigtenlisten beim Arbeitsgericht Iserlohn einklagen.


Doch damit nicht genug:  Aushänge des IGM-Wahlvorstandes  zur Betriebsratswahl wurden im Betrieb vom schwarzen Brett gerissen. Die IG Metall stellte Strafantrag wegen Behinderung einer Betriebsratswahl. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch. 


Irgendwann war es dann aber soweit: Im Betrieb der Gebr. Lohmann hingen zwei unterschiedliche Wahlausschreiben zu zwei Betriebsratswahlen aus. Der vom Arbeitgeber unterstützte Wahlvorstand nutzte natürlich seinen zeitlichen Vorsprung, den er durch die verkürzten Einladungsfristen und die umgehende Aushändigung der Beschäftigtenlisten durch den Arbeitgeber gewonnen hatte. Sein Termin zur Betriebsratswahl lag zeitlich früher als der Wahltermin der IG Metaller.

Einstweilige Verfügung zur Untersagung der  2. Betriebsratswahl 

Jetzt half die gute Zusammenarbeit zwischen IG Metall und DGB Rechtsschutz. Innerhalb kürzester Zeit beantragte das Hagener Büro der DGB Rechtsschutz GmbH beim Arbeitsgericht Iserlohn den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dem Konkurrenzwahlvorstand sollte aufgegeben werden, die eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen und insbesondere die Wahlausschreiben zu entfernen, damit nur noch die Wahl der IG Metaller durchgeführt wurde.


Dem Arbeitsgericht Iserlohn, das mit der Sache befasst war, war sofort klar, dass nur ein Betriebsrat wirksam gewählt werden konnte, so dass eine der beiden eingeleiteten Betriebsratswahlen unterbunden werden musste. „Es kann nur einen geben“ zitierte der Vorsitzende aus dem Film „Highlander“.


Aber: Blockierte das erste Wahlausschreiben, das aufgrund der früheren Betriebsversammlung von den arbeitgebertreuen Beschäftigten stammte, die später eingeleitete Wahl der IG Metaller? Oder war die von der DGB Rechtsschutz GmbH vertretene Rechtsansicht zutreffend, nach der sich aus § 15 Absatz 3a Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ergibt, dass die erste schützenswerte Handlung zur Einleitung einer Betriebsratswahl die Einladung zur Betriebsversammlung war?

„Es kann nur einen geben“

Das Argument des DGB Rechtsschutzes überzeugte die Arbeitsrichter. Dem Konkurrenzwahlvorstand wurde aufgegeben, die eingeleitete Betriebsratswahl sofort abzubrechen. Nur der von der IG Metall unterstützte Wahlvorstand habe das Recht, die Betriebsratswahl durchzuführen, da dieser nun einmal zuerst die Wahl initiiert habe.


Aber damit war das letzte Kapitel dieser Geschichte immer noch nicht geschrieben: Das beauftragte Anwaltsbüro Schreiner legte für den unterlegenen Konkurrenzwahlvorstand Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm ein.


Eine große Abordnung der Verwaltungsstelle der IG Metall des Märkischen Kreises, unter anderem deren damaliger Geschäftsführer Bernd Schildknecht, konnte die deutlichen Worte des Vorsitzenden Richters vernehmen, die dieser an den arbeitgebertreuen Wahlvorstand richtete. Das Gericht ließ überhaupt keinen Zweifel aufkommen, dass der erste maßgebliche Schritt zur Einleitung einer Betriebsratswahl jegliche weitere Konkurrenzaktivitäten blockiert. Und dieser Schritt war nun einmal der Aushang der IG Metaller, mit dem zur Betriebsversammlung eingeladen wurde.


Die Beschwerde wurde zurückgewiesen. Der vom gewerkschaftlichen Rechtsschutz vertretene Wahlvorstand hatte endgültig gewonnen. Nur er durfte die Betriebsratswahl organisieren.

Erfolg dank guter Zusammenarbeit

„Der Schlüssel zum Erfolg war hier die gute und schnelle Zusammenarbeit von Wahlvorstand, IG Metall und DGB Rechtsschutz“ freute sich auch Dr. Reinold Mittag, Gewerkschaftssekretär beim IG Metall - Vorstand in Frankfurt, der stets über den Stand der rechtlichen Auseinandersetzung informiert war. Tatsächlich war diese Zusammenarbeit hier besonders notwendig: Um die zweite Betriebsratswahl zu verhindern, musste schnell gehandelt werden. Nur ein Gerichtsbeschluss im Wege einer einstweiligen Verfügung erging schnell genug, um dem Konkurrenzwahlvorstand noch rechtzeitig die Durchführung der Wahl zu untersagen.

Die Betriebsratswahl verlief nach dem Beschluss des LAG reibungslos. Und auch das Wahlergebnis war erfreulich: Die Mitglieder des Konkurrenzwahlvorstandes, die sich mit einer eigenen Liste zur Wahl gestellt hatten, erhielten lediglich 4 von 69 Stimmen und sind in dem 5-Köpfigen Betriebsrat nicht vertreten. „Diese deutliche Mehrheit stärkt unsere IG Metall-Betriebsräte und gibt einen Rückhalt für deren künftige Betriebsratsarbeit“, freut sich Gudrun Gerhardt, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Märkischer Kreis.

 

Den Beschluss des LAG Hamm können Sie hier nachlesen:
Lesen Sie bei uns auch: "Chef wollte Wahl eines Wahlvorstandes ausbremsen."


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