Zwischen dem Betriebsrat und dem Betreiber eines Spielcasinos besteht Streit darüber, ob Betriebsratsmitglieder unzulässig benachteiligt werden, wenn der Arbeitgeber die Zulagen für Betriebsratssitzungen zur Nachtzeit nicht steuerfrei auszahlt. 

 

Nächtliche Betriebsratssitzung

Das Spielcasino wird im Schichtbetrieb zwischen 11:00 und 4:45 Uhr betrieben. Der Arbeitgeber zahlt an die Beschäftigten für die Zeiten zwischen 20:00 und 6:00 Uhr einen steuerfreien Nachtzuschlag. Für Zeiten, während derer vertragsgemäß ein Nachtzuschlag zu zahlen ist und innerhalb derer Betriebsratssitzungen durchgeführt werden, zahlt der Arbeitgeber den Betriebsratsmitgliedern zwar den vertraglich geschuldete Nachtzuschlag, der jedoch versteuert wird.

 

Arbeitsgericht erkennt keine Steuerfreiheit und entscheidet gegen Betriebsrat

In einem beim Arbeitsgericht Wiesbaden anhängig gemachten Beschlussverfahren begehrte der Betriebsrat

„festzustellen, dass die Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt werden, wenn sie für die Teilnahme an Betriebsratssitzungen in der Nacht und sonn- oder feiertags keine steuerfreien Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge erhalten, obwohl Arbeitnehmer für die Tätigkeit zum gleichen Zeitpunkt diese Zuschläge steuerfrei erhalten“.

Dieser Antrag wurde vom Arbeitsgericht Wiesbaden mit dem Argument zurückgewiesen, dass § 3b Einkommenssteuergesetz (EStG) die Steuerfreiheit nur für tatsächlich geleistete Nachtarbeit vorsehe. Die an die Betriebsratsmitglieder gezahlten Nachtarbeitszuschläge seien jedoch zum Ausgleich des durch die Betriebsratstätigkeit entstandenen Verdienstausfalls gedacht und seien deshalb nicht steuerbefreit.

 

LAG kippt erstinstanzliche Entscheidung und erkennt Steuerfreiheit an!

Gegen die negative Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts legte der Betriebsrat Beschwerde beim Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) ein. Unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgericht Wiesbaden, kam das LAG zu dem Ergebnis, dass die unterschiedliche Besteuerung der Nachtarbeitszuschläge eine nach § 78 Satz 2 BetrVG unzulässige Benachteiligung der Betriebsratsmitglieder darstelle. Es sei kein sachlicher Grund gegeben, die Betriebsratsmitglieder gegenüber anderen Beschäftigten schlechter zu stellen. Aus diesem Grund seien die Nachtarbeitszuschläge für Betriebsratstätigkeit zur Nachtzeit nach § 3b EStG steuerbefreit.

 

Anmerkung: 

Durch den Beschluss des LAG  werden die Rechte der einzelnen Betriebsratsmitglieder gestärkt. Neben den Zuschlägen für Nachtarbeit sind nach § 3b EStG auch Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonn- oder Feiertagsarbeit steuerfrei. Das gilt auch für Betriebsratsmitglieder, wenn die Betriebsratstätigkeit tatsächlich zur Nachtzeit bzw. an Sonn- und Feiertagen geleistet wird. 

Werden die Zuschläge jedoch als Ausgleich für den dem Betriebsratsmitglied entstehenden Verdienstausfall gezahlt, gilt die Steuerbefreiung nach § 3b EStG nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 29.07.1980 - 6 AZR 231/78) und des Bundesfinanzhofs (BFH) (Urteil vom 03.05.1974 - VI R 211/71) nicht. 

Erhält ein komplett von der Arbeitsleistung freigestelltes Betriebsratsmitglied, das vor seiner Freistellung steuerfreie Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzuschläge erhalten hat, diese Zuschläge während der Freistellung weiter, ohne dass an Sonn- und Feiertagen oder zur Nachtzeit Betriebsratstätigkeit stattfindet, sind diese Zuschläge nicht steuerfrei .

In dem vom Hessischen LAG entschiedenen Fall ist jedoch ein anderer Sachverhalt gegeben. Bei den den Betriebsratsmitgliedern unstreitig zustehenden Nachtarbeitszuschlägen handelt es sich nicht um Ausgleichzahlungen, die freigestellte Betriebsratsmitglieder erhalten, wenn sie ausschließlich Betriebsratstätigkeiten außerhalb der zuschlagsbedingten Arbeitszeiten erbringen. Derartige Zuschlagszahlungen sind nach der Rechtsprechung des BAG und des BFH zu versteuern.

Gegen die Entscheidung des Hessischen LAG Rechtsbeschwerde wurde beim BAG eingelegt wurde (Az.:7 ABR 23/14). Man darf nun mit Spannung erwarten wie die Erfurter Richter über die Rechtsbeschwerde befinden.

 

Tipp: Ansprüche jetzt schon anmelden

Da nicht nur in Spielcasinos nächtliche Betriebsratssitzungen durchgeführt werden, sollten Betriebsräte, die für die Dauer der Nachtsitzungen Nachtzuschläge erhalten, die versteuert werden, zur Fristwahrung, unter Berufung auf die Entscheidung des Hessischen LAG bei ihrem Arbeitgeber beantragen, diese Zuschläge steuerbefreit zur Auszahlung zu bringen. Folgt das BAG der Auffassung des Hessischen LAG sind die Zuschläge, zumindest seit dem Zeitpunkt der Geltendmachung steuerbefreit neu zu berechnen und zur Auszahlung zu bringen.

 

Hans-Martin Wischnath - Onlineredakteur - Frankfurt am Main


Download:

Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.03.2014 - 16 TaBV 197/13