Eva Miller, Rechtsschutzsekretärin in Hannover rät zur Überprüfung von Arbeitszeitklauseln (Foto: R by_Ilse Dunkel (ille) pixelio.de)
Eva Miller, Rechtsschutzsekretärin in Hannover rät zur Überprüfung von Arbeitszeitklauseln (Foto: R by_Ilse Dunkel (ille) pixelio.de)

Die Klägerin war bei einem mittelständischen Unternehmen für ambulanten Assistenz- und Pflegeservice in Hannover  als Erzieherin in der Schulbegleitung eingestellt. Die Aufgabe der 53-jährigen Sozialpädagogin bestand darin, Schulbegleitung für schwerstbehinderte Kinder zu übernehmen und ihnen dadurch ihren Alltag zu erleichtern. Eine schwierige und ehrenvolle Aufgabe. Die Arbeitgeberin der Klägerin nahm es mit der Ehre nicht so ernst und legte ihr einen Arbeitsvertrag mit folgender Klausel vor:

㤠8 Arbeitszeit

1.  Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 26 Stunden. Die genannte Wochenarbeitszeit muss im Durchschnitt eines halben Jahres eingehalten werden; insoweit ist auch die Einrichtung von Zeitkonten durch den Arbeitsgeber zulässig. Zeitkonten können auch ein negatives Saldo zu Lasten des Arbeitnehmers aufweisen. In diesem Fall stellt das negative Guthaben einen Gehaltsvorschuss des Arbeitgebers dar, welchen der Arbeitnehmer bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszugleichen hat. Dazu darf der Arbeitgeber eine Verrechnung mit Vergütungsansprüchen vornehmen, Zeitguthaben des Arbeitnehmers sind im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vergüten....“  

Während der Schulferien wurde die Klägerin nicht eingesetzt. Es bestand keine Vereinbarung, dass Urlaub zwingend während der Ferien zu nehmen ist. Die Klägerin hatte laut Arbeitsvertrag einen Anspruch auf 25 Urlaubstage. Während der Erkrankung des zu betreuenden Kindes wurde die Klägerin während der 1,4 Jahre des Arbeitsverhältnisses lediglich zwei bis drei Mal zu Vertretungszwecken eingesetzt. Ob ein Arbeitszeitkonto geführt wurde ist streitig geblieben, zumindest wurde die Klägerin im Laufe des Arbeitsverhältnisses nie über den Stand eines angeblich bestehenden Arbeitszeitkontos informiert.

Unzulässiger Lohneinbehalt

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses errechnete die Beklagte knapp 150 Minusstunden. Ein Betrag von 1.782 € wurde der Klägerin vom Lohn abgezogen. Diesen Betrag klagte sie mit Hilfe der DGB Rechtsschutz GmbH ein. Auf Vorschlag des Gerichtes endete der Rechtsstreit mit einem Vergleich, der der Klägerin zur Nachzahlung des wesentlichen Teils des Lohneinbehaltes verhalf.

Und für die Beklagte gab es die dringende Empfehlung des Richters, die Arbeitszeitklausel zu überarbeiten.

Kommentar der Redaktion:

Viele Unternehmen, leider auch im sozialpädagogischen Bereich, verwenden derartige undurchsichtige Klauseln in ihren Arbeitsverträgen. Dabei ist diese Regelung von Anfang an auf einen Arbeitszeitbetrug zu Lasten des Arbeitnehmers ausgerichtet, der am Ende eines Arbeitsverhältnisses immer draufzahlen wird.

Wir stellen die Rechnung der hiesigen Arbeitgeberin plastisch anhand des Jahres 2013 dar: Das Jahr 2013 hatte 252 Arbeitstage, bereits um die Feiertage in Niedersachsen bereinigt. Somit schuldete die Klägerin bei 26 Stunden pro Woche 1.310, 40 Arbeitsstunden im Jahr (112,67 Stunden./Monat).

Zieht man die 93 Ferientage in Niedersachsen ab, verbleiben nur noch 243 Tage, an denen erforderliche Stunden erarbeitet werden können. Davon müssten auch die 25 Urlaubstage abgezogen werden, da an diesen Tagen ebenfalls keine Stunden erarbeitet wurden, die in die Gesamtberechnung einfließen könnten. Dadurch hat die Klägerin lediglich 218 Arbeitstage im Jahr zur Verfügung gehabt, an denen sie höchstens 1.133,60 Stunden erarbeiten könnte. Also hat sie schon durch den Wortlaut der Klausel und fehlende Regelung zu den Ferienzeiten ein Minus von 176,80 Stunden eingefahren und rein tatsächlich keine Möglichkeit auf die volle Stundenzahl zu kommen, ohne es auch nur zu erkennen.  

Dazu kamen noch die Tage, an denen das zu betreuende Kind erkrankt war und die Beklagte sich nicht in der Pflicht sah, die Klägerin anderweitig einzusetzen – Stichwort Annahmeverzug – sondern fleißig Minusstunden vermerkte. Auch die Verpflichtung, die Arbeitnehmer über ein von ihr angeblich geführtes Arbeitszeitkonto und dessen Stand zu unterrichten, sah die Beklagte nicht so eng. Und das, obwohl der Wortlaut der Klausel daraufhin deutete, dass alle 6 Monate ein Durchschnitt gebildet werden soll. 

Keine Einsicht beim Arbeitgeber

Auf die Empfehlung des Richters, ihre Arbeitszeitklausel abzuändern, entgegnete sie, dass sie es machen wird, „wobei klar ist, dass es nur zu Lasten der Mitarbeiter gehen kann“. Spätestens nach diesem Satz, war allen Beteiligten klar, dass die Verwendung dieser Klausel hier kein Versehen war.

Wir, Rechtsschutzsekretär*innen der DGB Rechtsschutz GmbH, können solche Klauseln in einem Arbeitsvertrag jederzeit erkennen und unsere Mandanten auch dahingehend beraten. Allerdings bleibt dem Beschäftigten im Falle der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses oft nur die Alternative, einen solchen Arbeitsvertrag nicht zu unterschreiben und damit gegebenenfalls eine mögliche Nicht-Anstellung zu riskieren. Daher gilt es, sich richtig beraten zu lassen, Risiken zu erkennen und im Ernstfall rechtzeitig kompetente Hilfe zu suchen!