Frau S. fühlte sich in ihrem Betrieb, einem mittelfränkischen Bürstenfabrikanten, nicht mehr wohl, das Betriebsklima war schlecht, hierunter litt ihre Arbeitskraft und auch psychisch war sie angegriffen. Mit dem Arbeitgeber gab es Konflikte. Sie beschloss daher, ihr Arbeitsverhältnis fristgerecht zu kündigen, in ihrem Fall war dies der 28.02.2013.

Arbeitgeber fordert Weihnachtsgeld zurück

Wenn sie gedacht hatte, mit dem Verlassen des Arbeitsplatzes hätten die Konflikte nun ein Ende, so sah sie sich getäuscht: Der Arbeitgeber forderte von ihr das Weihnachtsgeld in Höhe von 500 € zurück und berief sich dabei auf eine Klausel im Arbeitsvertrag.

Nach dieser Klausel bestand für Frau S. ein Anspruch auf Weihnachtsgeld, die Höhe aber konnte der Arbeitgeber nach eigenem Ermessen festlegen. Das Weihnachtsgeld sollte aber zurückgezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 31. März des folgenden Jahres endet, was hier der Fall war.

Der Arbeitgeber beauftragte zunächst ein privates Inkassounternehmen und beantragte dann einen gerichtlichen Mahnbescheid, insgesamt kamen so Kosten in Höhe von fast 800 € zusammen, den der Arbeitgeber von Frau S. einklagte.

Frau S. sah nicht ein, jetzt auch noch etwa zu zahlen und wandte sich an die IG Metall, die sie an den DGB-Rechtsschutz weiter verwies. Es schien ihr unfair, dass sie jetzt verklagt wurde, nachdem sie schon während des Arbeitsverhältnisses so schlecht behandelt worden war und sich nur durch Kündigung zu helfen gewusst hatte.

BAG: Bindungsklauseln grundsätzlich wirksam

Bindungsklauseln, wie sie auch der Arbeitsvertrag der Frau S. enthielt, sind jedoch grundsätzlich möglich. Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass mit dem Weihnachtsgeld nicht nur vergangene Treue belohnt werden soll, mit der Zahlung auch die berechtigte Erwartung an zukünftige Treue verbunden ist.

Dabei hat das Bundesarbeitsgericht hat für derartige vertraglich vereinbarte Rückzahlungsvereinbarungen Grundsätze aufgestellt. Dabei legt es die Höhe der Zahlung und die Dauer der Bindungsfrist zu Grunde. Verstößt eine vertragliche Vereinbarung gegen diese Grundsätze, ist sie als unzulässige Benachteiligung gemäß § 307 I BGB unwirksam (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 28.04.2004, Az.: 10 AZR 356/03, sowie BAG, Urteil vom 09.06.1993 - 10 AZR 529/92).

Nach der Rechtsprechung des BAG rechtfertigt die Zahlung eines Betrages:

  • bis zu 100 € keine Bindung
  • bis zu einem Monatsgehalt eine Bindung bis zum 31.03. des Folgejahres
  • über einem Monatsgehalt eine Bindung bis zum 30.06. des Folgejahres

 

Die Zahlung in Höhe von 500 € lag oberhalb der Bagatellgrenze, so dass eine Bindung bis zum 31.03.2014 an sich möglich gewesen wäre. Damit hätte Frau S. den Betrag bzw. den ausgezahlte Nettobetrag in Höhe von ca. 280 € zurückzahlen müssen.

Bindung auch, wenn keine Höhe festgelegt ist?

Der zuständige Rechtsschutzsekretär hatte jedoch eine Idee: Vereinbart waren ja nicht die 500 €, sondern ein nicht genauer genannter Betrag, der im Ermessen des Arbeitgebers stand. Dieser lag zufällig in diesem Jahr bei 500 €, er hätte aber auch bei lediglich  50 € liegen können. Nach der Klausel im Arbeitsvertrag hätte Frau S. auch die 50 € zurückzahlen müssen, obwohl nach den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts bei kleineren Beträgen keine Bindung besteht.

Der Rechtsschutzsekretär stellte sich auf den Standpunkt, dass die Klausel unwirksam sei. Es dürfe schließlich nicht vom Willen des Arbeitgebers abhängen, ob die Klausel wirksam ist. Entweder er verpflichte sich, einen festen Betrag zu zahlen, dann kann er auch eine Bindung verlangen, oder er zahlt nach eigenem Ermessen, dann sei aber auch eine Bindung des Arbeitnehmers unzulässig.

Einigung im Gütetermin spart Zeit und Geld

Diese Ansicht beeindruckte schließlich auch das Gericht. Es wollte sich in der Güteverhandlung zwar nicht auf eine Entscheidung festlegen, sah die Prozessrisiken aber deutlich beim Arbeitgeber. Vor diesem Hintergrund schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach Frau S. nur noch einen Teilbetrag von etwa 120 € zurückzahlen muss.

Die Zahlung fällt damit deutlich geringer aus als der zunächst eingeforderte Betrag von fast 800 €. Außerdem spart sich Frau S. durch die Einigung im Gütetermin einen langwierigen und belastenden Prozess und kann sich stattdessen auf ihre neue Arbeit stürzen und den Ärger mit dem alten Arbeitgeber vergessen.

Dr. Till Bender,Rechtsschutzsekretär und Onlineredakteur, Nürnberg 

Download:

Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 28.04.2004, Az.: 10 AZR 356/03

Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 09.06.1993 - 10 AZR 529/92