Der Winter meldet sich zurück und sorgt mancherorts für Chaos. Was müssen Sie aus rechtlicher Sicht hier als Arbeitnehmer besonders beachten?
Der Winter meldet sich zurück und sorgt mancherorts für Chaos. Was müssen Sie aus rechtlicher Sicht hier als Arbeitnehmer besonders beachten?

Grundsätzlich gilt, dass es Sache des Arbeitnehmers ist, wie er zur Arbeit kommt. Er schuldet pünktliches Erscheinen, wie er dies erreicht, ist nicht Problem des Arbeitgebers. Man spricht insofern auch davon, dass der Arbeitnehmer das Wegerisiko trägt.

 

Was ist, wenn Arbeitnehmer aus Witterungsgründen zu spät zur Arbeit kommen? 

 

Wenn der Arbeitnehmer also aufgrund der Witterung zu spät zur Arbeit erscheint, hat er für die Zeit, in der er nicht gearbeitet hat, auch keinen Anspruch auf Lohn. Es gilt das allgemeine Prinzip: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Er muss die ausgefallenen Stunden grundsätzlich auch nicht nachholen.  

 

Anders ist es natürlich, wenn beim Arbeitgeber ein Überstundenkonto geführt wird, die ausgefallenen Stunden werden dann als Minusstunden verbucht und können entsprechend zu einer späteren Zeit nachgeholt werden. Der Arbeitgeber kann aber niemanden zwingen, die morgens ausgefallenen Stunden abends dranzuhängen, insbesondere dann nicht, wenn etwa eine Teilzeitkraft mittags gehen muss, weil ein Kind von der Schule abzuholen ist.

 

Aber um es noch einmal klar zu sagen: Jeder ist selbst dafür verantwortlich, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint. Bei Verspätungen entfällt grundsätzlich der Lohnanspruch, und zwar unabhängig davon, ob man für die Verspätung etwas kann oder nicht!

 

Verhinderung aus subjektiven Gründen

 

Der Arbeitgeber muss nur in wenigen Ausnahmefällen trotz fehlender Arbeit den Lohn weiter zahlen, wenn der Arbeitnehmer „eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird“, also der Arbeit fernbleibt. Schneefall oder Glatteis sind aber keine „in der Person“ liegenden, sondern objektive Gründe, die alle in gleichem Maße treffen. Das gleiche gilt bei Hochwasser, Demonstrationen, Straßensperren, allgemeinen Fahrverboten oder auch bei Streiks der Verkehrsbetriebe.

 

Ein subjektiver Grund liegt zum Beispiel vor, wenn aufgrund der Witterung der Kindergarten oder die Schule geschlossen bleibt und der Arbeitnehmer keine andere Betreuungsmöglichkeit findet. Denn der Grund für die Arbeitsverhinderung liegt dann „in der Person“ des Arbeitnehmers, weil sein eigenes Kind unbedingt Betreuung braucht. In diesem Fall besteht zumindest für einige Tage Anspruch auf Weiterzahlung des Lohnes. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 616 BGB. Die Bestimmung des § 616 BGB ist jedoch abdingbar, das heißt es kann nicht nur eine Verbesserung zugunsten der Arbeitnehmer vorgenommen werden, sondern der Anspruch kann beschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen werden. Möglich ist dies sowohl durch Arbeitsvertrag als auch durch Tarifvertrag, unter Umständen auch durch Betriebsvereinbarung.

 

Abmahnung wegen witterungsbedingter Verspätung

 

Eine andere Frage ist, ob die Verspätungen wegen Eis und Schnee dazu führen können, dass der Arbeitgeber eine Abmahnung ausspricht. Hier kommt es auf den Einzelfall an, weil eine Abmahnung nur für ein vorwerfbares Verhalten ausgesprochen werden darf. Eine Abmahnung bei einem kurzfristigen Wintereinbruch oder wenn es wegen eines Unfalls zu Verkehrschaos kommt, wäre sicher nicht zu rechtfertigen. Man wird vom Arbeitnehmer aber verlangen können, dass er sich grundsätzlich auf die Witterungssituation einstellt und entsprechend mehr Zeit einplant. Die Ausrede, wegen des Schnees nicht rechtzeitig zur Arbeit erscheinen zu können, dürfte der Arbeitgeber spätestens nach drei oder vier Tagen nicht mehr hinnehmen. Dann wäre eine Abmahnung gerechtfertigt, insbesondere, wenn alle anderen Mitarbeiter pünktlich sind.

 

Auch die Fälle von „höherer Gewalt“ schließen eine Abmahnung aus, hierbei muss man allerdings vorsichtig sein: Nicht jeder unerfreuliche Umwelteinfluss stellt einen Fall der „höheren Gewalt“ dar. Hiervon kann man nur seltenen Fällen sprechen, wenn etwa der Deutsche Wetterdienst die Bevölkerung aufgefordert, wegen Überschwemmungen oder Eisglätte nicht auf die Straße zu gehen. Solche Ereignisse, gegen die sich kein Arbeitnehmer wappnen kann, führen ebenfalls bei Nichterscheinen bei der Arbeit nicht zu einer Abmahnung.

 

Wegeunfall

 

Bei ungünstiger Witterung kommt es vermehrt zu Unfällen. Rechtlich gilt hier das, was auch sonst bei Wegen von und zur Arbeit gilt: Wenn sich der Unfall auf dem direkten Weg zur Arbeit ereignet hat, gilt er als Arbeitsunfall, die Behandlungskosten werden von der Berufsgenossenschaft übernommen, diese zahlt gegebenenfalls auch eine Verletztenrente. 

 

Dabei ist grundsätzlich nur der direkte Weg von und zur Arbeit vom Versicherungsschutz der Unfallversicherung umfasst. Bei Schnee und Glatteis aber sind unter Umständen auch Umwege mitversichert, die erforderlich werden, weil der übliche Weg zur Arbeit unpassierbar oder zu gefährlich ist.

 

Arbeitsausfall wegen schlechter Witterung

 

In Ausnahmefällen mag es sogar vorkommen, dass die Arbeit überhaupt nicht stattfinden kann, weil es witterungsbedingt zu größeren Störungen des Betriebsablaufs kommt? 

 

Diese Frage betrifft dann nicht mehr das Wegerisiko, sondern das allgemeine Betriebsrisiko, das grundsätzlich der Arbeitgeber trägt. Wenn Risiken aus der Sphäre des Arbeitgebers dazu führen, dass die Arbeit unmöglich ist, kann dies nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen. Für den Arbeitnehmer heißt das, dass er seinen Lohn weiter erhält, auch wenn er nicht arbeitet. 

 

Unter Umständen kann aber die Bundesagentur für Arbeit mit Kurzarbeitergeld einspringen, im traditionell saisonabhängigen Baugewerbe besteht zudem Anspruch auf Saisonkurzarbeitergeld. 

 

Download:
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 1982, Az.: 5 AZR 283/80

 

 

Rechtliche Grundlagen

Arbeitgeber, ähnlich wie bei Krankheit, sofort unterrichten.

Wenn absehbar ist, dass wegen der Witterung mit Verzögerungen zu rechnen ist, ist der Arbeitgeber, ähnlich wie bei Krankheit, sofort zu unterrichten. Gleiches gilt für die Fälle der subjektiven Verhinderung, etwa weil man keine Betreuung für das Kind hat und deshalb zu Hause bleiben muss. Diese Regelung ist vernünftig, weil der Arbeitgeber ja Arbeit anders verteilen und die Ausfälle entsprechend einplanen können muss. Sie sollte unbedingt befolgt werden. Aber auch aus einem anderen Grund ist eine rechtzeitige Rücksprache sinnvoll: So können mögliche Konflikte bereits im Keim beigelegt werden. Wenn man sich erst vor dem Arbeitsgericht darüber streitet, ob man die Verspätung hätte verhindern können, ist das Arbeitsklima bereits massiv gestört, dies kann und sollte man verhindern.

§ 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Vorübergehende Verhinderung
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

§ 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)
- Gesetzliche Unfallversicherung - (Arbeitsunfall)
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch
1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2. das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a) Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b) mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
3. das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5. das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.
(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.